Monika Meihack
Fünf Jahre Hospiz
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie aufgeregt wir waren, als wir gestartet sind. Ein Team bis in die Haarspitze motiviert, das Hospiz selbst eingeräumt und mitgestaltet. Ein Team mit völlig unterschiedlichen Charakteren und Eigenschaften, die sich zum größten Teil nicht kannten, aber aus unterschiedlichen Gründen dem Hospizgedanken nachgehen und Leben wollten. Heute sind sie zusammengewachsen, haben gelernt, die Stärken jedes anderen zu nutzen und gut aufeinander aufzupassen.
Auch das Vertrauen zu unseren behandelnden Ärzten ist schnell gewachsen und heute ist es eine gemeinsame Teamarbeit. Der Gast ist Mittelpunkt, das ist allen, die hier arbeiten sehr wichtig. Schön zu sehen ist auch, dass die Reinigungskraft genauso zum Team gehört, da sie sehr nah an unseren Gästen ist.
Da wir im ersten Corona-Jahr gestartet sind, durften auch unsere Ehrenamtlichen nicht so eingesetzt werden, wie wir es uns gewünscht hätten. Jetzt, nach fünf Jahren, haben wir 35 Ehrenamtliche, die uns auf ganz unterschiedliche Weise unterstützen und eine tolle Bereicherung für das Team sind. Egal ob Aquariumpflege, Unterstützung bei Festen oder der wöchentliche Kaffeeklatsch, es ist immer zum Wohle unserer Gäste.
So unterschiedlich, wie unsere Mitarbeiter und Ehrenamtlichen sind, sind auch unsere Gäste - mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen und Wünschen. Bei manchen war es der Wunsch nach Ruhe, nach vielen langen Krankenhausaufenthalten. Andere haben die Aktivitäten im Hospiz sehr geschätzt, haben gerne die Massagen, Klangschalen- oder die Musiktherapie in Anspruch genommen. Auch die saisonalen Feste, Musikdarbietungen und Geburtstagsfeiern waren immer schön. Wir haben gemeinsam mit unseren Gästen Hochzeiten und Goldene Hochzeiten gefeiert, auch die Geburt von Enkelkindern und sogar Scheidungen haben wir miterlebt. Ich kann mich gut daran erinnern, dass ein Gast zu mir gesagt hat: Es ist schön, dass hier so viel Leben stattfindet, wir sind schließlich noch da und noch nicht tot. Insgesamt haben wir in den fünf Jahren 553 Gäste hier begleitet.
Wir haben viele Angehörige begleitet, viele Familienkonstellationen kennengelernt, nicht immer von Harmonie geprägt. Manchmal sehr herausfordernd, da der Gast in seinem Sterbeprozess schon deutlich weiter war, als es die Angehörigen gerne gehabt hätten. Die Angehörigen dann mit zu begleiten auf dem Weg des Loslassens, ist uns als Team immer gut gelungen. Viele schöne Begegnungen haben wir mit den Familien gehabt, mit denen wir teilweise heute immer noch in Kontakt stehen.
Viele Wünsche unserer Gäste konnten wir erfüllen. Angefangen von dem Matjesbrötchen vom Markt, Pandas vom Bauern, nach 25 Jahren wieder anfangen zu rauchen, dem Joint auf der Terrasse, dem Wiedersehen mit einem Familienmitglied, das Privat-Konzert im Wohnzimmer oder auch die Wünschewagen-Fahrt ans Meer.
Viele Menschen können sich nicht vorstellen, in einem Hospiz zu arbeiten, da sie denken es ist nur traurig. Sicherlich ist es bei uns auch traurig, aber bei uns wird auch viel gelacht und wir erleben viele tolle Momente mit unseren Gästen und Angehörigen. Sie sind unverfälscht und offen, da sie sich nicht verstellen. Wir lachen über erste Tattoos, Jugendsünden und viele Geschichten. Das Gespräch mit den Gästen ist das schönste und wertvollste.
Auch wir als Team haben gelernt von unseren Gästen Abschied zu nehmen, wir haben in den fünf Jahren über 500 (553) Gäste auf ihrem letzten Weg begleitet. Durch unterschiedliche Abschiedsrituale und das tolle Team ist dies möglich, dabei ist jeder einzelne Gast etwas ganz Besonderes.
Auch nach fünf Jahren Leben mit dem Tod kann ich sagen, dass es genau das ist, was ich machen möchte, weil es mir sehr viel Spaß macht. Ich glaube, es gibt wenig Berufe, in denen man so viele tolle Begegnungen hat, in einem so tollen Team arbeitet und jeder Tag etwas Neues bringt, da kein Mensch ist wie der andere.